Das Weiterbildungsstudium Communication Center Management an der Hochschule Bremerhaven will „Agents of Change“ ausbilden – nämlich Führungskräfte, die für mehr Ethik, Moral und damit auch für mehr Qualität und eine dauerhafte Existenzsicherung der Unternehmen in der Call-Center-Branche sorgen sollen. Die wissenschaftliche Leiterin Professor Dr. Heike Simmet über die Verkaufskraft von Ethik, die Macht der Konsumenten und warum es schwierig werden wird, nach der Wirtschaftskrise qualifiziertes Personal zu bekommen.
Inzwischen dürfte jedem klar sein: Zur kurzfristigen Profitmaximierung kann man die Kunden übers Ohr hauen, doch langfristig rechnet sich das nicht. Ich bin nicht nur Wissenschaftlerin, sondern auch Verbraucherin, und in dieser Doppelrolle nehme ich die Nichtbeachtung von Ethik besonders wahr. Nun lässt sich Ethik nicht gut verkaufen, weswegen es in vielen Weiterbildungsangeboten für Führungskräfte aus der Call-Center- Branche oft vor allem darum geht, wie sich schnell mehr Umsatz machen lässt. Wir als Hochschule tragen hingegen eine besondere Verantwortung und bilden deshalb grundsätzlicher aus. Unser Ziel ist es, dass unsere Absolventen mit dem Anspruch in die Welt gehen, ein hoch professionelles und gleichzeitig verantwortungsbewusstes Communication Center Management zu betreiben.
Unser Credo lautet: Wer ein Communication Center führt, muss die betriebswirtschaftlichen Regeln perfekt beherrschen, er muss aber ebenso unabdingbar ethische Grundsätze beachten. Unternehmensvertreter formulieren den Lehrinhalt „Ethik“ zwar nicht ausdrücklich als Bedarf, nehmen ihn aber gerne an, wenn er geboten wird. Auch Anforderungen an die Sozialkompetenz von Managern werden immer stärker zum Thema in der Lehre. Das hat simple Gründe: Durch virales Marketing und interaktive Medien verbreitet sich heute eine negative Botschaft mit unermesslicher Geschwindigkeit. Die Macht der Konsumenten wird immer größer – und Konsumenten bestrafen denjenigen, der sie schlecht behandelt. Das haben viele Unternehmen noch nicht erkannt.
Wir haben in Bremerhaven mit dem Unternehmen Frosta ein vorbildliches Beispiel für einen ethischen Umgang mit Kunden. Frosta hat Offenheit als Prinzip für sich gefunden und lebt dieses Prinzip konsequent – vom Produktangebot über den Mitarbeiter-Blog bis hin zum Verhalten der Top-Führungsspitze.
Der rote Faden
Wir lehren Ethik nicht als Fach und rein theoretischen Diskurs, weil es sich um ein stark praxisbezogenes und sehr kompaktes Studium handelt. Bei uns durchzieht das Thema Ethik wie ein roter Faden mehrere Lehrinhalte, zum Beispiel wenn es um den Datenschutz geht, um den Umgang mit Mitarbeitern oder um die Umsetzung von Dialogmarketing-Aktivitäten im Outbound. Gerade unsere jüngeren Teilnehmer sind angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Branche enorm sensibel und deutlich nachdenklicher geworden. Die müssen vieles davon ausbaden, was die Generation vor ihnen angerichtet hat. Das schlechte Image der Branche ist ja nicht in den letzten Jahren entstanden, sondern das war ein langer Prozess. Die negativen Effekte wird die Branche unmittelbar zu spüren bekommen, wenn es darum geht, nach der Wirtschaftskrise Führungskräfte zu rekrutieren. Schon jetzt sind diese Führungspositionen im Call Center von Branchenfremden weniger bevorzugt als vergleichbare Positionen in anderen Branchen, und es wird mit dem demographischen Wandel in Zukunft noch deutlich schwieriger werden, qualifiziertes Personal für Führungspositionen zu rekrutieren.
Mit der Berücksichtigung ethischer Grundprinzipien haben Communication Center die Chance, einen grundlegenden Wandel in der Branche einzuleiten. Dieser Wandel muss intern auf das Selbstverständnis der Mitarbeiter und extern auf das nach außen wirkende Image der Branche einwirken, um Veränderungen in Gang zu setzen. Nicht nur Weiterbildung generell, sondern vor allem auch eine Weiterbildung von verantwortungsbewussten „Agents of Change“ im Communication Center Management ist daher als Investition in die Zukunft der Unternehmen in der Branche anzusehen.
Professor Dr. Heike Simmet ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Bremerhaven. Sie leitet dort das Labor Marketing und Multimedia und ist die wissenschaftliche Leiterin des Weiterbildungsstudiums Communication Center Management. In dem zwölfmonatigen Wochenendstudium bilden sich Führungskräfte und Nachwuchsführungskräfte aus Inhouse- Call-Centern und von Dienstleistern in kleinen Gruppen zu hochschulzertifizierten Fachwirten für Communication Center Management (IHK) weiter und legen ihre Ausbildereignungsprüfung ab.
Diesen Beitrag teilen
