Editorial Ausgabe 9

2020-11-27T17:45:04+01:0018. Februar 2014|Tags: , |

Von Partnerschaften. Oder wenn Kinder erwachsen werden …

 

Lieber Leser, liebe Netzwerker, liebe Partner,

 

als Kind der boomenden Call-Center-Dienstleisterbranche liegt mir diese Ausgabe besonders am Herzen. In den 80er Jahren habe ich selbst den glorreichen Boom miterlebt und weiß noch um die heftigen Debatten mit Vertriebsorganisationen, ob denn nun das Telefon den Außendienstler ersetzen wird. In Gesprächen mit Kunden wurden wir unseres Know-hows wegen geschätzt und beauftragt, weil wir wussten, wie wir mit telefonischem Kundenservice Marken und Produkte besser und günstiger platzieren konnten.

 

In den 90ern galten Call Center als Jobmaschine. Mit stolz- geschwellter Brust wagten wir Gespräche mit Politikern. Es entstanden mittels Subventionen Bedarfspartnerschaften in strukturschwachen Regionen. Noch bei der Gründung meiner Personalberatung im Jahr 2004 leckten sich Unternehmen die Finger nach erfahrenen Managern von Dienstleisterseite – sie wollten das so wichtige Wissen um effiziente Customer-Service- Prozesse ins eigene Unternehmen holen. Man brauchte sich gegenseitig. Der Nutzen für Auftraggeber und Dienstleister stand außer Frage.

 

Das waren Partnerschaften auf Augenhöhe. Die goldenen Telefonzeiten dauerten gut 30 Jahre. Eine Generation. Das Telefon veränderte den klassischen Vertrieb und Außendienst, ersetzt hat es ihn nicht. Das gleiche Schicksal erlebt nun das Telefon angesichts des ungebrochenen Siegeszugs des Internets. Und die Dienstleisterbranche erlebt das Ende von Partnerschaft auf Augenhöhe: Aus Preisdumping und Zugeständnissen an die Flexibilität nach oben und unten resultieren Insolvenzen und diverse Schutzschirmverfahren.

 

In einer Ehe wäre das die Zeit, in der die Sprösslinge ihr Studium beendet haben, eine eigene Familie gründen und das alte Ehepaar seine Beziehung und Rolle neu definiert. Wer sind wir, wenn sich unser Elternsein verändert? Die Position „Vater“ und „Mutter“ ist ebenso wenig infrage zu stellen, wie die Notwendigkeit eines guten Kundenservice.

 

Es gilt sich der neuen Situation zu stellen. Plug´n play, Service-Apps und Self Service ist die Sprache der Enkel. Stelle ich mich dem oder bleibe ich solange wie möglich Eltern vom alten Schlag? Ich bin gespannt, wie sich Dienstleister in den kommenden Jahren aufstellen werden. Was Auftraggeber erwarten und dazu meinen, durfte ich in einem schonungslos offenen Roundtable im Dezember in Hamburg mit ihnen diskutieren. Ich hoffe, mit dieser spannenden Ausgabe die weitere Diskussion hierzu anzuregen.

 

Wir sehen uns hoffentlich im Februar in Berlin.

 

Ihre Iris Gordelik

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