Elite – es kommt drauf an, was man daraus macht

2020-11-27T17:14:10+01:0013. September 2017|Tags: , |

Was haben Kennedy und Chruschtschow, Jack Welch und Götz Werner oder McCarthy und Charlie Chaplin gemeinsam? Alle gehören und gehörten zu der Elite ihrer Zeit. Und sind dennoch diametral verschieden. Nehmen wir Charlie Chaplin und Senator McCarthy: Der tiefsinnige Weltstar und der Politiker, der hinter jedem Baum einen Kommunisten vermutete, waren Gegenspieler zu ihrer Zeit. Man könnte diese Liste endlos fortsetzen. Da gibt es Namen, an die man sich heute kaum noch erinnert, und Menschen, die bis heute unser Schicksal oder unsere Haltung prägen.

Zu der Elite zu gehören ist per se kein Qualitätsbegriff, es ist erst mal ein Zustand. Ein Zustandsbegriff, der zumindest zeitweise eine hohe Position, eine Spitzentätigkeit beinhaltet. Welche dann nach den jeweiligen Werten, Parametern und Möglichkeiten ausgefüllt wird.

Wer kennt das nicht aus seinem eigenen Berufsumfeld: Ein Vorgesetzter oder eine Vorgesetzte geht und alles verändert sich. Die Kultur, Kommunikation, Ziele und irgendwann auch die Kollegen. Die Bewertung dieser Veränderung liegt im Auge des Betrachters. Interessant ist aus Beratersicht, dass oftmals die Menschen, die zu den jeweiligen Spitzenkräften gehören, ihr Selbstverständnis mit dem Erhalt des bisherigen Status quo verknüpfen.

Haben sie doch den Eindruck, dass ihr Tun Bestand hat, für die Ewigkeit oder zumindest für ein Denkmal tauglich sei. Wenn dies nicht eintritt, ist von verwundertem Augenreiben bis zur Verbitterung jede Gefühlsregung möglich. Dies ist weniger in der Forschung und im Sport, sehr oft aber in den Bereichen Politik und Wirtschaft der Fall.

Es ist eine echte Herausforderung, zur Elite zu zählen. Um diese Herausforderung zu meistern, sind Antworten auf einige Fragen sehr hilfreich: Was möchte ich mit dem Einfluss, den ich habe, erreichen? Die Ziele können gar nicht konkret genug sein. „Erfolgreich sein“ oder „gut sein“ reicht als Antwort nicht. Welche Motivationen treiben mich an? Wie definiere ich meinen Selbstwert?

Hier hilft selbstkritische Reflektion. Immer wieder fällt auf, wie sich um die Elite ein ganzer Hofstaat von Menschen schart, der am (temporären) Glanz partizipieren will, selten aber den kritischen Dialog sucht. Diese Menschen sind Nomaden, die weiterziehen, wenn der Glanz verblasst. Daher ist es notwendig, sich immer wieder mit sich und seinen Stärken und Schwächen zu beschäftigen.

Insbesondere in den genannten Bereichen Wirtschaft und Politik, wo so viel auch von der Funktion abhängt, ist es wichtig, auf beiden Beinen zu stehen: Eins für die Funktion und eins für die Person. Was bleibt, wenn Senatorstatus, Dienstwagen und andere Annehmlichkeiten plötzlich weg sind? Wenn der Nachfolger, die Nachfolgerin alles anders machen und dafür auch noch gefeiert werden?

Klingt einfacher, als es ist, denn hinter jeder Frage lauert die große Falle des Selbstbetrugs. Eines ist klar: Ohne Eliten geht in kaum einem Bereich etwas wirklich voran. Daher ist es gut, wenn die Elite auch in der Lage ist, sich um sich selbst zu kümmern, und das nicht nur bei den Vertragsverhandlungen.

Text: Thomas Hohlfeld ist Unternehmensberater und Chef von Ribbon in Hamburg.

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