
DIE NEUE KUNDEN-(MANAGEMENT)-ELITE
Kann man sich Elitärsein eigentlich kaufen? Unternehmen, die den Kundenwert messen und ihr Handeln danach ausrichten, würden jetzt sofort sagen: „Na klar doch.“ und wenn ich als Kunde dann wissen will, wie das geht, bekomme ich einen link zu den teuersten drei Produkten zugesandt, die dieses Unternehmen anbietet. Doch, halt! Das muss nicht so sein. Umsatz ist ja nicht gleich Marge. Erstens ist ja nicht gesagt, dass die teuersten Produkte auch die höchste Marge haben. Und zweitens kann es ja sein, dass noch weitere Faktoren in die Bewertung der Kundenbeziehung einfließen.
Wenn man sich einmal ökonomisch überlegt, auf welche Kunden man sich fokussieren will, kommt man als Manager nämlich schnell ins Grübeln: „Wir müssen wissen, wer unsere besten Kunden sind!“, höre ich häufig in der Praxis. Und wenn ich dann etwas gewollt naiv nachfrage: „Spannend. Warum das denn?“, wird mir beschieden: „Um sie an uns zu binden!“
Hübsch. Das erinnert an ein schönes Projekt der größten deutschen Bank (ich darf sie nicht nennen, deswegen nenne ich sie hier nur „größte deutsche Bank“, gdb). Hier berechnete man kurz vor der Jahrtausendwende den Kundendeckungsbeitrag aller Privatkunden. Dabei stellte sich heraus, dass circa 60 Prozent aller Kunden einen negativen Deckungsbeitrag hatten. Der Deckungsbeitrag weiterer 20 Prozent der Kundschaft streute um den Break Even (also +/- 0), lediglich 20 Prozent waren Profitgeneratoren. Daraus resultierte eine einfache Strategie: Die weniger profitablen Kunden wurden in eine neue Gesellschaft – nennen wir sie gdb 24 – überführt, um hier gezielt weniger Leistungen zu erhalten. aber: keiner hatte untersucht, wer von diesen Kunden denn zukünftig profitabel sein würde.
Die +/- 0-Kunden wurden mit Produktvorschlägen der Bank eingedeckt, um sie in den „Profitabilitätszustand“ zu überführen. Aber: Niemand hatte analysiert, welcher Kunde denn für welches Produkt ein Bedürfnis entwickelt hatte oder bereits kaufbereit war. Und nun zurück zu den Profitgeneratoren: den BESTEN Kunden der gdB. Sozusagen der Kundenelite.
Hier lautete die Strategie, die Kunden gezielt zu binden. Aber: Niemand hatte geprüft, welche der Kunden bereits emotional an die gdB gebunden waren. Das ist in etwa so clever wie eine Beziehung, die fantastisch läuft, immerzu infrage zu stellen und ständig nachzufragen, ob denn alles recht sei. Denn a) benötigt eine solche Maßnahme Ressourcen, die die Profitabilität der Beziehung belasten und b) nervt sie das Gegenüber, bei dem alles ok ist, kolossal.
Was lernen wir daraus? Wenn ein Kunde sich „elitär“ behandelt fühlen will, braucht es etwas mehr als den reinen Blick zurück darauf, was er bisher gekauft hat. Vielleicht ist es sinnvoller, in die Zukunft zu schauen und sich zu fragen: „Welcher Service oder welches Produkt sorgt denn dafür, dass der Kunde sich so gut fühlt, dass er auf jeden Fall bei uns Kunde bleiben will? Welcher Service sorgt denn dafür, dass der sich elitär fühlende Kunde weiter Produkte und Dienstleistungen bei uns kauft? Und vor allem: Lohnt es sich für unser Unternehmen, alles dafür zu tun, dass der Kunde sich elitär fühlt?”
Wenn Sie diese Fragen aufgrund der Auswertung von handfesten Kundendaten beantworten können, dann gehören Sie auf jeden Fall zur Kundenmanagement-Elite.