
FRIEDE, FREUDE, EIERKUCHEN – WARUM KUNDENPARTNERSCHAFTEN OHNE KONFLIKTE GAR NICHT DENKBAR SIND.
Abgesehen davon, dass es mir seit langem ein Anliegen ist, eine Kolumne mit der Überschrift „Friede, Freude, Eierkuchen“ zu schreiben, ist das Thema „Konflikte“ für Beziehungsforscher ein dankbares. Denn: Aus Konflikten lernt man. Und das gilt auch für die Beziehung eines Unternehmens mit seinen Kunden.
So ist beispielsweise in der Wissenschaft seit langem bekannt, dass Kunden, die eine berechtigte Beschwerde an das Unternehmen formuliert haben, Kunden sind, die ein hohes Potenzial für eine gesteigerte Loyalität und Profitabilität haben. Wenn denn ihre Beschwerde ernst genommen und in ihrem Sinne bearbeitet wird. Heißt aber auch, es zahlt sich aus, den damit verbundenen Konflikt ernst zu nehmen. Aber warum ist das denn bitte so schwierig?
Die Antwort resultiert mal wieder aus der menschlichen Geschichte. Lange Zeit glaubte man, die Menschen hätten in der Steinzeit in Höhlen gewohnt. Ist zwar falsch; kann man aber drauf kommen, denn über tausende Jahre zog sich der Mensch bei Gefahr in Höhlen zurück. Entweder weil für die damals üblichen Zelte das Wetter zu schlecht wurde, oder weil der Säbelzahntiger oder andere gefährliche Tiere ihr Unwesen trieben. Zum Schutz des Stammes stellte man den größten und stärksten Mann mit einer Keule an den Eingang der Höhle. Nennen wir ihn der Einfachheit halber Karl-Heinz. Das Überleben der gesamten Sippe hing dann von seinen Reflexen ab. Drohte Gefahr, so war die zentrale Anforderung an Karl-Heinz: „Schnell und feste drauf- hauen!“ Je schneller und fester Karl-Heinz draufhaute, desto länger überlebte die Gruppe. Gefragt wurde da selten. Das war eigentlich unproblematisch, da zur damaligen Zeit selten ein Verwandter zum Kaffeekränzchen vorbeischaute. Draußen war ja der Tiger. Kollateralschaden war also nicht. Karl-Heinz avancierte bei Erfolg folgerichtig zum Alpha-Männchen.
Und jetzt die Kernfrage für Sie, liebe Leser: Wer bekam in diesen Zeiten das attraktivste und gesündeste Weibchen ab? Richtig: der Karl-Heinz. Hier also die schlechte Nachricht für Sie: Wir stammen alle von Karl-Heinz ab! Und genau das ist das Problem: Konditionierung. Kommt also ein Kunde und beschwert sich, sagen wir nicht: „Hey, toll, dass sich dieser Kunde äußert! Er ist also – obwohl unzufrieden – noch emotional gebunden, und wir können ihn jetzt richtig toll abholen! Bedienen wir ihn doch ganz besonders gut, und es wird uns beiden besser gehen. Emotional wie wirtschaftlich!“ Im Gegenteil: Wir nehmen instinktiv eine Bedrohung der Rotte (in Form unseres Unternehmens) wahr. Uropa Karl-Heinz in uns allen regt sich, und wir sind geneigt, schnell und feste draufzuhauen. Beschwerden und damit Konflikte mit Kunden zu lösen (wie auch Angebote zu verhandeln) liegt uns nicht im Blut.
Es zahlt sich aber aus. Denn nur so können wir über die Bedürfnisse unserer Kunden etwas lernen. Und lernende Beziehungen nennt man heute Partnerschaften. Und dass das heute DER Erfolgsfaktor ist, sieht man schon daran, dass der Typ „Karl-Heinz“ bei der Gattenwahl nicht mehr ganz so erfolgreich ist.
Prof. Dr. Nils Hafner ist internationaler Experte für den Aufbau profitabler Kundenbeziehungen. Er ist Professor an der Hoch- schule Luzern/Schweiz und Alumnus der Studenteninitiative MTP . In seinem Blog „Hafner on CRM“ versucht er dem Thema seine interessanten, spannenden, skurrilen und lustigen Seiten abzugewinnen.