Das „Jajaja“ und „NeeNeeNee“ des Marketing – zurück auf Feld „EINS!“
Joseph Beuys hat einmal nach dem Besuch einer Beerdigungsfeier ein 60-minütiges Tondokument erstellt, auf dem er nur seufzend und bedauernd „Jajaja“ und „NeeNeeNee“ sagt. So ähnlich geht es mir dieser Tage, wenn ich mit Marketiers rede. „Wo finden wir unsere Zielgruppe?“, „Unsere Zielgruppe funktioniert nicht mehr“ oder „Unsere Zielgruppe hat sich aufgelöst“. Das sind die neuen „Jajaja“ oder „NeeNeeNee“ dieser Welt.
Dabei hat es nie eine Zielgruppe gegeben, Marketing hat es sich immer bloß hübsch einfach gemacht. Nach Gemeinsamkeiten gesucht und meistens auch gefunden. Inwieweit diese Gemeinsamkeit, ob soziodemografisch, sozioökonomisch, psychografisch oder verhaltensbasiert, dann auch tatsächlich kaufrelevant war, wurde in aufwendigen Tests herausgefunden und dann wurde auf dieser Basis so lange angeschrieben und beworben, bis jegliche Kaufverhaltensrelevanz verschwand. Zu Tode kampagniert. Jajaja. NeeNeeNee.
Und ein „böses“ Wort brachte das dann auch mit sich. „Hybrid“ sei der Kunde geworden. Das heißt so viel, wie wenn man seine Partnerschaft auf Facebook oder am Stammtisch oder im Day-Spa als „kompliziert“ bezeichnet. Jajaja. Nee- NeeNee.
Einzelne Ansätze, beispielsweise die mikrogeografische Herangehensweise auf der Basis von Adressen und detaillierten Informationen über das Wohngebiet, führten zur langen Blütezeit des Direct- Marketing. Weil eben Menschen mit mehreren Gemeinsamkeiten auch in den gleichen Wohnquartieren wohnen. Und da sind wir der Lösung ja schon etwas auf die Spur gekommen: Je mehr Informationen und damit Gemeinsamkeiten ich über die Menschen herausfinde, speichere und wiederum zu Vergleichszwecken heranziehe, desto mehr weiß ich auch über sie. In Bezug auf die Kaufverhaltensrelevanz heißt das aber nichts anderes als das, was der Online-Händler Amazon.de seit mehreren Jahren bereits macht: Kaufinformationen miteinander vergleichen und über alle Daten, die der Kunde uns gibt, anreichern und wiederum miteinander vergleichen.
Auf diese Weise ist es heute möglich, das individuelle Kauf- und Informationsverhalten in Echtzeit zu analysieren. Das heißt aber, unsere Zielgruppe“ hat sich tatsächlich aufgelöst. Sie ist neu: EINS! Das erfordert aber neue Fähigkeiten. Jajaja. Nee- NeeNee.
Die Frage ist: Wie kommt man über die verschiedenen Touchpoints an die relevanten Kundendaten und was mit einem zu teilen ist der Kunde bereit? Kürzlich haben wir in einem Whitepaper (http://nilshafner.ch/pdf/122.pdf) dazu sieben Methoden vorgestellt. Aber eben – anstrengend wird es schon. Jajaja. NeeNeeNee.
Hafners Kolumne von: Prof. Dr. Nils Hafner ist ein internationaler Experte für den Aufbau profitabler Kundenbeziehungen. Er ist Professor an der Hochschule Luzern in der Schweiz und Alumnus der Studenteninitiative MTP . In seinem Blog „Hafner on CRM“ versucht er dem Thema seine interessanten, spannenden, skurrilen und lustigen Seiten abzugewinnen.
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