
Interview mit Annike Green, Customer Success Manager DACH, HubSpot
Annike, der Kundenservice wird in deutschen Unternehmen oft als Kostenfaktor gesehen. Das zumindest besagt eure aktuelle Kundenservice-Studie. Kannst du das einmal ausführen?
Natürlich. Wir haben in diesem Jahr eine globale Studie unter Führungskräften zu den Herausforderungen im Kundenservice durchgeführt. Von den deutschen Befragten gaben vier von zehn an, dass in ihrem Unternehmen der Kundenservice als Kostenfaktor und nicht als Wachstumsmotor gesehen wird. Das finde ich ziemlich schockierend, zumal es einen klaren Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Unternehmenswachstum gibt, wie unser „State of Service Report“ auch deutlich zeigt.
Wie trägt denn Customer Support aus deiner Sicht zur Kundenzufriedenheit bei?
Customer Support ist sehr nah an den Kundinnen und Kunden eines Unternehmens dran. Sie sitzen sozusagen in der ersten Reihe. Sie sind das Gesicht des Unternehmens und fangen gleichzeitig Feedback und Stimmungen auf.
Für eine hohe Erstlösungsquote ist zunächst einmal sehr tiefes Produktwissen wichtig. Und schauen bei jeder Kundeninteraktion darauf, wie wir Mehrwerte generieren können. Etwa: welche zusätzlichen Funktionen für den Kunden sinnvoll wären, aber auch wie Prozesse automatisiert werden können oder wie andere Kunden ein ähnliches Problem gelöst haben. Unser Customer Support versteht sich nicht als Verkäufer, sondern als „Trusted Advisors“ , die unseren Kundinnen und Kunden die verschiedenen Möglichkeiten unserer Produkte aufzeigen.
Heutzutage heißt Kundenservice nicht mehr nur Kundenanliegen zu lösen. Es geht darum, zeitnah authentische Verbindungen auf allen Kanälen und einheitliche positive Kundenerlebnisse zu schaffen. Der Einfluss des Customer Support auf das Kundenerlebnis ist außerordentlich. Darum ist intern eine eng verzahnte Zusammenarbeit mit den Teams in Marketing, Vertrieb, Customer Success sowie Onboarding enorm wichtig. Erst das führt zu einer lösungsorientierten und authentischen Kommunikation Richtung Kunden. Und zwar in der gesamten Customer Journey. So lassen sich Kundinnen und Kunden nachhaltig zufriedenstellen und der Umsatz steigern.
Siehst Du neue Herausforderungen im Kundenservice in dieser postpandemischen Zeit?
Ich denke, die größte Herausforderung ist, einen authentischen Kundenservice zu bieten. Das heißt, die Frage zu klären, wann, wo und wie es für Kundinnen und Kunden am besten passt. In der Corona-Pandemie waren die Menschen notgedrungen sehr viel digitaler unterwegs. Das ist jetzt normal und hat sich in eine Erwartungshaltung gewandelt. Alles muss viel schneller gehen und personalisierter sein.
Was ebenfalls zunimmt, ist die Anzahl der Kommunikationskanäle. Laut einer Studie von PwC* wird die Summe der Kontakte zwischen Kundschaft und Service-Touchpoints bis zum Jahr 2024 um 1,4 Prozent wachsen. Alle nötigen Kanäle abzudecken, ist daher ein großer Spagat für den Kundenservice. Fakt ist: der Mensch-Mensch-Kontakt ist der teuerste Kanal. Aber notwendig, insbesondere für komplexe und zeitaufwendige Anfragen oder im Vertrieb. Unternehmen müssen den Kundenservice digitalisieren und automatisieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wie sieht es denn in Sachen Digitalisierung von Customer Service in Deutschland aus?
Naja, zwar wird der Kundenservice in Deutschland digitaler, aber Tool-Einführungen sind meist schwierig durchzusetzen und langwierig. Die Gründe dafür sind eine Mischung aus Bequemlichkeit, mangelndem Vertrauen in digitale Systeme, Unsicherheit im Umgang damit und einer Aversion von Vorgesetzten oder Teammitgliedern.
In unserer Studie haben wir auch die Tool-Nutzung im Kundenservice untersucht. Nur vier von zehn deutschen Kundenservice-Teams nutzen ein CRM-System zur Verwaltung von Kundendaten. In puncto Ticketing, Selfservice oder Helpdesk-System zur zentralen Verwaltung von Kundenanfragen sieht es noch mauer aus. Da ist also echt noch sehr viel Luft nach oben. Nur knapp jedes dritte Unternehmen setzt auf Live-Chat. Bei uns ist der Chat der Kanal, der mehrheitlich von unserer Kundschaft genutzt wird, um schnelle und unmittelbare Hilfe zu erhalten.
Und noch etwas ist elementar. Wir nennen es bei Hubspot den Flywheel-Ansatz. Das bedeutet, dass alle Teams so aufeinander abgestimmt sind, dass sie die Kundenzufriedenheit im Fokus haben. Darum arbeiten unsere Marketing-, Vertriebs- und Kundenservice- sowie Customer-Success-Teams mit der gleichen CRM-Plattform, nämlich unserer eigenen. Dadurch haben wir den großen Vorteil, Kundeninformationen und -interaktionen in einem System zu haben und so Vorgänge schnell nachvollziehen zu können. Wir arbeiten also alle gemeinsam daran, ein herausragendes Kundenerlebnis zu schaffen.
Wie sehen erfolgreiche Prozesse bei euch im Kundenservice aus?
Da wir inzwischen viele verschiedene Software-Produkte anbieten, haben wir angefangen, uns im Kundenservice zu spezialisieren. Wenn beispielsweise eine Kundin mit einem Anliegen zu uns kommt, verbindet unser System sie mit einer Ansprechperson, die in diesem Produktbereich am besten weiterhelfen kann. Dieser Wandel von Generalisten hin zu Spezialisten ermöglicht es uns, immer den bestmöglichen Service zu bieten, und macht auch gleichzeitig die Einarbeitung für neue Mitarbeitende einfacher.
Zudem arbeiten wir stets daran, die Übergaben von einer Abteilung zur anderen so reibungslos, fehlerfrei und schnell wie möglich zu gestalten. Das beginnt damit, dass es klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten gibt. Unser System hilft uns dabei, Anfragen direkt an die Abteilung weiterzuleiten, die der Kundin oder dem Kunden am besten weiterhelfen kann. Technische Anfragen gehen an den Customer Support, alle Fragen rund um Verträge an unser Contract-Management-Team und Fragen zu Rechnungen direkt in die Buchhaltung. Sollte ein Kunde eine Frage haben, die zwei Abteilungen betrifft, zum Beispiel bei technischen und gleichzeitig strategischen Anfragen, sind unsere Mitarbeitenden dazu angehalten, zusammenzuarbeiten, um die bestmögliche Lösung zu finden.
Wie verändert die Digitalisierung die Arbeitswelt im Kundenservice? Wie sehen die Kundenservice-Teams der Zukunft aus? Brauchen sie noch feste Standorte und falls ja, wo werden die sein?
Im Prinzip sieht die Arbeitswelt der Zukunft im Kundenservice nicht viel anders als im Marketing oder im Vertrieb aus. Ich gehe davon aus, dass Kundenservice-Teams dort sein werden, wo es am günstigsten ist. Je nach Komplexität des Produkts ist es natürlich möglich, zum Beispiel mit Software zu arbeiten, die Chats automatisch und nahezu fehlerfrei übersetzen. Das heißt, die Customer Support Agents können in ihrer Muttersprache Sprache arbeiten, aber auch parallel andere Sprachen in verschiedenen Kanälen bedienen. Aktuell funktioniert das meiner Erfahrung nach gut bei B2C-Produkten und -Dienstleistungen, zum Beispiel in den Bereichen Telekommunikation oder Reise. Wenn es um sehr komplexe Produkte geht, wie das im B2B der Fall ist, funktioniert das eher nicht.
HubSpot hat für jedes Land Service-Mitarbeitende, die die Muttersprache sprechen, oder ziemlich nah dran. Wir haben seit 2020 weltweit ein hybrides Arbeitsmodell. Ob wir in einem Büro oder im Homeoffice arbeiten, ist also egal. Alle Team-Meetings und -Events sind hybrid-inklusiv.
Du bist Customer-Success-Verantwortliche. Wie erklärst Du Deinen Eltern, Deinen Beruf?
Das ist eigentlich ganz einfach. Ich sage: Auf der Arbeit sorge ich dafür, dass unsere Kundinnen und Kunden erfolgreich sind.
*PWC-Studie, „Customer Service & Engagement“, 2022
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