Intelligenztest für Spitzenmanager

Diese Woche wurde ich überrascht. Mit einem Intelligenztest in einem Bewerberprozess.

Was war passiert?

Nach den ersten Kennenlerngesprächen folgte ein weiterer Termin mit dem Kandidaten. Ich begrüße ein längeres und mehrstufiges Kennenlernen für beide Seiten. Immerhin geht es um Etwas. Der Kandidat will sich sicher sein, bevor er einen anderen, sicheren Job kündigt. Und für die Firma geht es um eine große Abteilung, Führungsverantwortung für viele Menschen und große Herausforderungen.

Wir waren informiert, dass u.a. ein Test durchgeführt wird. Ich kenne mich mit Diagnostik ganz gut aus und befürworte sie auch, insbesondere wenn es um Management- und Führungsdiagnostik geht.

Womit wir nicht gerechnet hatten: es kam ein Intelligenztest. Also ganz klassisch: Zahlenverständnis, Rechtschreibung, räumliches Denken, Logikaufgaben und sowas.

Als mir der Kandidat davon im Feedbackgespräch erzählte, war ich schockiert. Ich habe es mir nicht anmerken lassen und vorsichtig gefragt, wie sich das denn für ihn angefühlt hat. Seine sportliche Antwort. „Ach, ich bin eh Rätselfan und mein Ehrgeiz war geweckt.“

Für mich gehören Intelligenztest zu Azubis. Auch Berufseinsteiger und Call Center Agenten werden dem in meiner Branche oft unterzogen. Insbesondere der Rechtschreibung wegen. Aber bei Führungskräften und Managern ist mir das noch nie untergekommen. Es fühlt sich irgendwie an wie… ja, wie Majestätsbeleidung.

Nun bin ich aber auch von Natur aus neugierig und habe mal ein wenig recherchiert. In Deutschland werden in der Tat Spitzenmanager so gut wie zu 0% auf ihre Intelligenz überprüft. In den USA hingegen kommt dies zu 50% vor. Ebenso in anderen Ländern.

Prof. Dr. Uwe-P. Kanning (bit.ly/2YRUveJ), Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück, plädiert etwa ausdrücklich für Intelligenztest für Spitzenmanager.

Je weiter Manager aufsteigen, desto komplexer werden ihre Aufgaben. Und dafür ist Intelligenz durchaus hilfreich. Er führt weiter aus „Mithilfe von Intelligenztests lässt sich die berufliche Leistung von Managern zu etwa 45 Prozent über die Zeit hinweg prognostizieren. Dies ist ein Vielfaches dessen, was die weitgehend unstrukturierten Einstellungsinterviews ermöglichen, die in deutschen Unternehmen so überaus beliebt sind.“

Sind vielleicht Intelligenztest für Spitzenmanager gar nicht so schlecht wie ihr Ruf?