
In unserer Rubrik „Karrierepfade“ fragen wir erfolgreiche Köpfe aus unserer Branche nach ihrem Werdegang, was sie an ihrem Beruf toll finden – und was nicht. In dieser Ausgabe: Alexander Siegel
Ausbildung: Versicherungskaufmann, BWL-Studium mit Schwerpunkt Marketing und Wirtschaftsinformatik
Derzeitige Position: Vice President Premium-Kundenservice bei der Deutschen Post
Kontakt ALEXANDER SIEGEL
Was haben Sie gemacht, bevor Sie vor gut 20 Jahren Ihre Karriere bei der Deutschen Post starteten?
Ich habe in Münster mein Abitur gemacht, an Europas ältester Schule mit Latein als erste Fremdsprache. Es folgte dann die Ausbildung zum Versicherungskaufmann bei Signal Iduna und das BWL-Studium an der Uni Münster bei der Marketinglegende Professor Heribert Meffert. Da ich gerne selbst gestalte, war der Schreibtisch in einem Büro mir lieber als der Hörsaal in einer Uni – weshalb ich viele Praktika absolviert habe, unter anderem bei Lufthansa Cargo und der Deutschen Bahn. Mein „Ausbildungslager“ für Zielstrebigkeit und Resilienz war und ist jedoch der Sport – ich war zwei Mal Deutscher Meister im Taekwondo.
Und Sie hatten damals eine Service-Begegnung, die Sie nie vergessen haben, richtig?
Ja, genau! Als Student hatte ich ein tiefgreifenderes Problem mit meinem Brother-Drucker. Der Kundenservice war extrem auf Zack und sendete das richtige Ersatzteil samt verständlicher Anleitung in kürzester Zeit. Davon war ich so schwer beeindruckt, dass ich mich noch am selben Tag bei Brother beworben habe. Das hat mich gelehrt: Der erste direkte Kontakt zu einem Unternehmen erfolgt oft über den Kundenservice. Und deshalb sollte der immer gut sein.
Und dann haben Sie bei Brother angefangen?
Nein, ich bin stattdessen zur Deutschen Post gegangen.
Dort haben Sie vom Umweltschutzprogramm über Business Development bis aktuell zum Premium-Kundenservice viele Themen verantwortet. War diese Karriere eher Zufall oder sorgsam geplant?
50:50 würde ich sagen. Geplant war nur, dass ich immer schon unterschiedliche Erfahrungen sammeln wollte. Zehn Jahre im selben Büro zu sitzen und dasselbe zu tun war und ist für mich nicht denkbar. Ich bin überzeugt: Wer viel gesehen und erlebt hat, ist insgesamt leistungsfähiger. Eine Karriere kann man nicht wirklich planen. Ich habe immer meine Bereitschaft und Entwicklungswünsche mitgeteilt – offensichtlich auch an den richtigen Stellen.
Welche waren denn Ihre prägenden Karrierestationen?
Zum einen das Business Development – in meist großen und vorstandsnahen Projekten evaluierte und entwickelte mein Team neue Geschäftsmodelle für viele, sehr unterschiedliche Themengebiete wie Mobilität, Sicherheit oder auch für Ausschreibungen des Bundes. Dabei habe ich mit sehr vielen Einheiten bei der Deutschen Post, aber auch mit Unternehmensberatern, Dienstleistern und externen Partnern zusammengearbeitet und konnte mir einen großen Erfahrungsschatz aufbauen.
Zum anderen die aktuellen Aufgaben rund um den Premium-Kundenservice mit seinen Herausforderungen. Dafür sollte man sich intern gut vernetzen, um zu wissen, was läuft. Und gleichzeitig muss man das Ohr am Kunden haben. Die digitale Transformation ist und bleibt ein Riesenhebel im Kundenservice. Schon vor der Pandemie haben mein Team und ich eine Videoberatung für Kunden etabliert – und dafür einen Video Sales Award gewonnen. Im Moment bauen wir unser digitales Angebot weiter aus.
Was lieben Sie an Ihrem Beruf?
Zwei Dinge: die Abwechslung, immer wieder neu denken zu können beziehungsweise zu müssen. Und dazwischen auch die Routine, denn man muss das neu Geschaffene ja auch mal in einen eingeschwungenen Zustand bringen und kann sich dann freuen, wenn es wirkt. Sonst wird es eben angepasst.
Und die direkte Zusammenarbeit mit Menschen. „Nichts ist spannender als Wirtschaft“ war eine Überschrift, die ich während meines Studiums gelesen, aber damals nicht ganz verstanden habe. Heute weiß ich, dass Wirtschaft und alles, was sie beeinflusst, von Menschen aktiv gestaltet wird. Von Kunden, Dienstleistern, der Politik und dem eigenen Team. Menschen können alles verändern, wenn sie wollen.
Was ist nicht so toll am Job?
Es erschreckt mich, wenn einige Kollegen ihren Wertbeitrag und ihre Einflussmöglichkeiten nicht klar erkennen. Das klassische, aber in meinen Augen obsolete Bild ist, dass der Vertrieb allein den Kunden und den Umsatz verantwortet. Heutzutage sind aber viele Produkte und Dienstleistungen austauschbar – und deshalb entscheidet immer häufiger der Kundenservice über den Zuschlag des Kunden oder über seinen Verbleib. Der Kundenservice ist der neue Vertrieb. Vielleicht in Teilen auch das neue Marketing. Diese Denke muss sich noch in den Köpfen derer festsetzen, die modernen Kundenservice gestalten können.
Würden Sie dem Nachwuchs empfehlen, Karriere im Kundenservice zu machen?
Klare Antwort: Natürlich! Ich bin im Key Account Management gestartet, hatte Projektgeschäft und direkte Kundenverantwortung, vertrieblich wie auch im Kundenservice. Mit Geschäfts- und Endkundenkontakt. Das, was man dort lernt, ist eine wertvolle Basis für jegliche weitere Entwicklung. Das Wissen über die Wünsche der Kunden, wie sie reagieren und wie man sie positiv überraschen kann, ist auch in jedem neuen Projekt Gold wert. Wer dieses Wissen hat, dem wird zugehört. Ausgestattet mit diesen Kundenerfahrungen kann sich eine Karriere in alle Richtungen weiterentwickeln.