Bekanntlich kommt nicht alles, was gut gemeint ist, auch tatsächlich gut beim Kunden an. Wir haben Top-Entscheider gefragt: Welche Kundenbindungsmaßnahme geht Ihnen mächtig auf die Nerven?
Im Grunde jede Maßnahme, die mir als Kunde am Ende einer eventuellen Vertragslaufzeit das Gefühl vermittelt, ein „Ablaufdatum“ zu sein. Als Kunde möchte ich nicht nur am Ende von Verträgen interessante Angebote und Informationen von meinem jeweiligen Vertragsunternehmen bekommen, sondern kontinuierlich. Bedauerlicherweise haben noch nicht viele Unternehmen den Begriff „proaktive Kundenbindung“ für sich verinnerlicht. Die Frage: „Sammeln Sie Payback-Punkte …?“ ist da eher noch ein positives Beispiel.
Kai Czeschlik ist Managing Director Marketing & Sales bei Fonic in München.
Eigentlich keine! Doch eine große Ausnahme gibt es: die Kundenkarten im stationären Handel. Die andauernde Frage: „Haben Sie eine Kundenkarte?“ geht mir manchmal gehörig auf die Nerven!
Kundenkarten. Ich habe mittlerweile eine riesengroße Sammlung davon. Meine Brieftaschen müssen sich jeweils der Anzahl an Karten anpassen. Und wofür? Damit ich zum Geburtstag einen 10-Franken-Gutschein ab einem Einkaufswert von 1.000 Franken erhalte? Das kann’s nicht sein! Wenn kein echter Benefit dabei rausspringt, sollten die Unternehmen das Thema lieber lassen und das Budget nehmen, um in eine faire und transparente Service- und Preispolitik zu investieren.
In den letzten Jahren bemerke ich in der Tat, wie ich auf die Fragen an der Kasse: „Haben Sie eine Payback- Karte?“ oder „Sammeln Sie Treuepunkte?“ – egal welcher Art – immer gereizter reagiere. Payback ist bei mir ganz oben auf der Nerv-Liste, dicht gefolgt von den Treue- Herzen bei Tengelmann. Mit ein paar wenigen Ausnahmen bin ich zu einer überzeugten ANTI-SAMMLERIN beziehungsweise ANTI-BONUSPROGRAMM-TEILNEHMERIN geworden. Neben der Tatsache, dass ich in den meisten Bonusprogrammen keinen echten Mehrwert für mich erkenne, wünsche ich keine weitere Plastikkarte in meinem Geldbeutel und keinen weiteren Zugang, den ich mir merken muss.
Mein Blutdruck steigt sofort auf 180, wenn Mercedes- Mitarbeiter mich nach einer Inspektion wegen einer „Kundenzufriedenheitsbefragung“ anrufen. Danach bin ich trotz guter Leistung unzufrieden. Ich kenne das Telefonskript schon auswendig: „Frau Gordelik, wie zufrieden sind Sie mit XYZ? Ich lese Ihnen jetzt eine Skala von 1 bis 10 vor.“ Ich antworte: „10.“ Sie sagt: „Nein, ich muss Ihnen jetzt alle 10 Punkte vorlesen.“ Ich bleibe am Ende dennoch bei meiner 10. Das Ganze wiederholt sich dann einige Male. Endlich ein Freitext ohne 10 Skalen, und ich sage: „Bitte keine Abfrage dieser Art mehr.“ Aber darauf hat bisher niemand gehört. Scheinbar muss ich ins Schema passen und dann ist immerhin Mercedes zufrieden. Schade, schade – am Tor vorbei!
Mich nerven Kampagnen, die an mich herangetragen werden, OBWOHL ich mich bei den mindestens vierzehn vorangegangenen Kampagnen schon NICHT gerührt habe. Das ist nämlich nicht rührend, sondern nervend!
Dr. Nils Hafner ist Professor für CRM am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern und Leiter des Customer Competencies Institut in Zürich und Kreuzlingen.
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