
In unserer neuen Kolumne „THINK OUTSIDE THE BOX“ skizzieren kluge Köpfe aus der Branche Trends, Thesen und Themen rund um Customer Service-Excellence.
MIT MATTHIAS MEHNER
„Matthias Mehner gilt als einer der wenigen echten WhatsApp-Versteher im deutschsprachigen Raum!“, schrieb das Fachmagazin t3n in Juni 2021. Als Geschäftsführer beim Software-Spezialisten MessengerPeople hat er Einblick in die Messenger-Kommunikationspraxis von über 2.000 Unternehmen und Kampagnen.
Wie sich der Kundenservice verändert, wenn sich WhatsApp & Co durchsetzen
Immer mehr große und mittelständische Unternehmen setzen auf Messenger im Kundenservice. Dabei sind WhatsApp und Co mehr als nur beliebte, schnelle und einfache Servicekanäle – sie transformieren zugleich die Rolle des Kundenservice in Unternehmen.
Wie ein Turbo hat die Corona-Krise viele Trends, wie etwa das Arbeiten im Homeoffice, in wenigen Monaten als Standard etabliert. Das gilt auch für das Kommunikationsverhalten: Im Zuge der Krise avancierten Messenger Apps zu den beliebtesten Kommunikationskanälen der Kunden: Für knapp 80 Prozent der Deutschen sind laut einer YouGov-Studie von 2020 WhatsApp, Telegram, iMessage und Co Kommunikationskanal Nummer eins – und das über alle Altersgruppen hinweg.
So kommunizieren, wie der Kunde es wünscht
Kein Wunder, dass immer mehr Unternehmen (fast) aller Branchen und Größenordnungen – von internationalen Konzernen wie TUI und OTTO über mittelständische Unternehmen bis hin zur lokalen BMW-Niederlassung München – in ihrem Kundenservice auf WhatsApp und Co setzen.
Die Gründe liegen auf der Hand: Messenger sind nicht nur beliebt – sondern lassen die klassische Service-Hotline, E-Mails oder das Chat-Formular in puncto Bequemlichkeit, Flexibilität und Schnelligkeit weit hinter sich. So ist zum Beispiel beim Onlineshop für Sportprodukte „Women’s Best“ die Bearbeitungszeit pro Messenger-Anfrage 50 Prozent kürzer als auf anderen Kanälen.
Zudem tragen die einfache Bedienung und der Charakter der privaten 1:1-Kommunikation – im Gegensatz zu Social Networks: ohne Trolle – dazu dabei, dass der Grundtenor im Kundenservice via WhatsApp deutlich positiver ausfällt als auf allen anderen Kanälen. Sehr positive bis begeisterte Rückmeldungen von Kunden wie von Service-Mitarbeitern sind die Regel und nicht die Ausnahme.


Die Kommunikation via Messenger wirkt sich auf den Arbeitsalltag im Kundenservice aus: Er wird effizienter, flexibler und spürbar angenehmer.
Die Rolle von WhatsApp & Co im Kundenservice
Der Einsatz von Messengern beeinflusst nicht nur den Arbeitsalltag positiv, sondern stärkt auch die Rolle des Kundenservice innerhalb von Unternehmen. Er wird messbar zeiteffizienter und kostengünstiger bei gleichzeitig steigender Kundenzufriedenheit.

Der WhatsApp-Service eines Unternehmens lässt sich mithilfe zahlreicher KPIs abbilden und messen, etwa über die Average Handling Time, die Anzahl offener oder beantworteter Fragen oder per Net Promoter Score.
Unternehmen sind dank WhatsApp deutlich näher am Kunden und mitten unter Familie, Freunden und Kollegen. Diese Position und der alltägliche Umgang mit dem Kanal bieten Unternehmen eine Vielzahl an Möglichkeiten, mit dem Kunden über ihre Service-Anfrage hinaus zu interagieren.
Interaktion statt Reaktion
Der Kundenservice-Agent wird dank Messenger zunehmend zum Customer Experience Manager, der die Interaktion mit dem Kunden nicht scheut, sondern genießt und pflegt.
Die Response-Raten sind auf WhatsApp so hoch und positiv wie auf keinem anderen Kanal. Bitten um Feedbacks oder Rezensionen, Upselling-Nachrichten, Erinnerungen an verlassene Warenkörbe oder einfach nur Fragen nach Verbesserungsvorschlägen werden gelesen und von Kunden deutlich häufiger als auf anderen Kanälen mit positiven Reaktionen belohnt.
Aktives Customer Experience Management via Messenger statt reaktivem Reklamationsmanagement via Telefon – so lautet das Motto. Der Kundenservice der Zukunft bekommt mit WhatsApp und Co ein mächtiges Tool an die Hand, um eine dauerhafte Beziehung zum Kunden aufzubauen und zu erhalten.
Wie WhatsApp und Co die Arbeit im Kundenservice verändern
Flexibilisierung des Arbeitsvolumens
Via Messenger sollten Anfragen zwar zeitnah, müssen aber nicht sofort beantwortet werden. Das ermöglicht eine flexiblere Planung der Kapazitäten, Stoßzeiten für die Mitarbeiter und lange Wartezeiten für den Kunden lassen sich besser organisieren und entzerren.
Weniger Hardware
Messenger Apps im Kundenservice brauchen kein Handy, keine umständliche Hardware, keine Headsets oder Telefonanlage. Dank Desktop-Browser-Version entfällt eine aufwendige Installation, der Laptop im Homeoffice reicht. Die Ticketsysteme professioneller Anbieter von Messenger-Service-Softwarelösungen sind einfach skalierbar und intuitiv bedienbar, der Schulungsaufwand ist minimal.
Mehr Bilder, weniger Sprache!
Messenger können Sprache, können aber auch multimedial. Ein Link zu einem Produktvideo oder eine Bildbeschreibung sind in den meisten Fällen hilfreicher und zeitsparender als das mühsame Beschreiben via Telefon. Die Bereitstellung von anschaulichen, weniger wortlastigen Informationsmaterialien in verschiedenen Formaten gewinnt für die Arbeit im Kundenservice an Bedeutung.
Intuitive, angenehmere Nutzung
Die meisten Service-Mitarbeiter kennen WhatsApp aus der eigenen Nutzung. Sie wissen aus Erfahrung, wie und in welcher Form man auf diesem Kanal kommuniziert. Der eher positive, konstruktive Grundtenor im Kundengespräch über Messenger motiviert Mitarbeiter.
Expertenteams statt Universalwissen
Die Möglichkeit der Zuweisung von Messenger-Anfragen über moderne Ticketsysteme erfordert von den Mitarbeitern weniger breites Allgemeinwissen über sämtliche Produkte und Prozesse eines Unternehmens. Die Anfragen können – ohne dass der Kunde zurück in die Warteschleife geschickt wird – direkt an den richtigen Mitarbeiter weitergegeben werden. Wichtiger statt der Fähigkeit, jede Frage beantworten zu können, wird die Fähigkeit, die Qualität des Kundenservice durch möglichst hilfreiche Antworten zu steigern.
Höhere Ressourceneffizienz!
Simple, sympathische FAQ-Chatbots ermöglichen eine einfache Vorqualifizierung von Kunden und Anliegen und ersparen ungeliebte Standardprozesse wie die Datenabfrage. Mit den vom Chatbot gesammelten Informationen kann der Mitarbeiter sofort gezielter helfen.