Mein erstes wirklich großes weg-von Erlebnis hatte ich mit 17. Ein Jahr zuvor, mit 16 Jahren, habe ich mich verlobt. Erste große Liebe und so. Alle meine Freundinnen wollten heiraten, Kinder kriegen, Häuschen haben. Und auch von meiner Familie kannte ich es nicht anders.

Nur bei mir fühlte es sich falsch an.

Ich fühlte mich ziemlich allein mit diesem Gefühl. Hatte keine Idee, mit wem ich darüber reden könnte. In meinem Kopf schwirrte nur „Falsch“, „raus hier“.

Was dann folgte, war ziemlich unfair. Zu gern hätte ich meinem Verlobten erklärt, was genau ich denn wollte. Konnte ich aber nicht. Es erschien mir selbst völlig unlogisch. Kurzum, ich hab mich blöd verhalten und bewusst eine Trennung provoziert.

Damals war ich jung und ich wusste es nicht besser. Hab´s mir mittlerweile auch verziehen.

Seit dem weiß ich, wie kompliziert eine weg-von-Motivation sein kann. Aber eben auch wie wichtig.

Ich erlebe Menschen, die unzufrieden sind in ihrem Job. Sie können nicht wirklich beschreiben, was genau sie denn wollen. Es folgt: Dienst nach Vorschrift, kein Engagement, grad mal so die Stunden irgendwie abreißen. Manch einer hofft, er wird gekündigt. Wenigstens hat mir jemand die Entscheidung abgenommen. So wie bei mir damals mit der Verlobung.

Aber erst einmal die gute Nachricht: Die weg-von-Motivation ist ein Signal, dass etwas nicht stimmt. Deine Intuition funktioniert. Das ist gut! Klar, wir lesen tagtäglich darüber, wie es richtig geht und was wir tun sollen. Erarbeite „Was will ich? Wer bin ich? Wohin will ich?“ Diesen banalen Salmon will ich hier nicht wiederholen.

Ich frage mich eher: warum fällt uns das oft so schwer? Warum haben wir zwar „weg-von“ Signale. Aber der weiße Zettel vor uns für die „hin-zu“ Schlagworte bleibt leer? Ich habe mich damals schwer getan, weil mir das Leben wie ein Füllhorn an Möglichkeiten vorkam (was es auch ist) und ich mich schwer tat, mit der Limitierung. Nicht alles ausprobieren zu können, ohne auf etwas anderes verzichten zu müssen.

Ich erlebe auch oft Kandidaten, die über „das will ich nicht“ einfach nicht hinaus kommen. Der weiße Zettel bleibt leer. Lieber schaut er sich verschiedene Angebote an und entscheidet intuitiv. Da, wo der Bauch am wenigsten Nein sagt. Und das geht erstaunlich oft gut.

Ich frage mich: können weg-von-Motivationen auch einfach mal ok sein? Am Ende erscheinen mir beide Motivationen wichtig. Beide sind Seiten einer Medaille. Eben das, was ein Ganzes ist. Die Klammer darüber ist Deine Haltung dazu. Nicht der leere weiße Zettel lässt Dich resignieren. Sondern der Druck von außen, Du müsstest ihn voll schreiben.

Oder hast Du immer sofort Dein „hin-zu“ parat?